Die heidnischen Wurzeln der „christlichen“ Feste
Geschrieben von: Bernd Merling
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Die Geschichte des Christentums ist geprägt von Vernichtung und Unterdrückung all dessen, was nicht in das eigene (christliche) Weltbild und zur eigenen Ideologie passt. Was nicht zerstört oder vernichtet werden konnte, wie beispielsweise weitgehend die amerikanische Urbevölkerung und deren Kultur, wurde mit neuen Inhalten besetzt und christianisiert. Diese hervorragend funktionierende Strategie ist besonders gut an den Festen und Feiertagen zu erkennen.
Aus Fase-Naht mach Fasten-Nacht
Man ändere ein paar Buchstaben und schon hat man eine völlig andere Bedeutung. Aus Fasnacht wurde Fastnacht, aus carre navale wurde carne vale.
In vielen Kulturen wurde und wird der ausklingende Winter vertrieben, Geister werden beschworen um dem Frühling eine Chance zu geben. Mit Masken, Lärm und wilden Tänzen sollten die Wintergeister vertrieben und der Frühling begrüßt werden. Besonders urtümlich erhalten haben sich viele dieser Bräuche im allemannischen Raum bis heute.
In anderen Gegenden zogen die Fischer mit ihren Booten auf buntgeschmückten Wagen durch die Dörfer um die während des Winters reparierten Boote wieder zu Wasser zu lassen, nachdem das Eis auf den Seen und Flüssen geschmolzen war. Die Römer nannten diese Gespanne carre navale.
Dass der christlichen Kirche solche heidnischen Bräuche ein Dorn im Auge waren, ist klar. Durch die einfache sprachliche Veränderung wurde aus den ausgelassenen, lebensbajahenden und ausschweifenden Festen der Beginn der Fastenzeit. Bevor man die Menschen mit Verboten und Einschränkungen disziplinierte gab man ihnen noch ein Ventil, um so die Akzeptanz der Fastenzeit zu erhöhen.
Das Auferstehungsfest
Ostara war die Fruchtbarkeitsgöttin der Germanen. Ihr Lieblingstier war – aus naheliegenden Gründen – der Hase. Dass das Ei ein Fruchtbarkeitssymbol ist, braucht wohl auch nicht besonders erwähnt zu werden. Und so wurde mit dem Frühjahrs- und Fruchtbarkeitsfest die Wiederauferstehung des Lebens in der Natur zu Ehren der Ostara gefeiert. Ei und Hase waren seit jeher Symbol dieses Festes.
Die christlichen Kirchen ersetzten die Auferstehung der Natur mit der Auferstehung ihres Religionsstifters Jesus. Obwohl sich die Bedeutung von Ei und Hase aus der christlichen Mythologie nicht erklären lässt, haben sich diese heidnischen Symbole ihren Platz auch im christlichen Osterfest bewahrt.
Wihe Nahte – Die heiligen Tage
In zahlreichen Kulturen war die Zeit, in der die Tage wieder länger zu werden beginnen, von besonderer Bedeutung. So wurde in manchen Gegenden Griechenlands das Kind, das als erstes nach der Wintersonnwende geboren wurde, dem Sonnengott geweiht. Auch für die germanischen Stämme war die Wintersonnwende ein besonders wichtiges Fest. Ging doch nun endlich die Zeit der Dunkelheit zu Ende, die Tage wurden wieder länger, das Licht besiegte die Dunkelheit.
Der Tannenbaum ist hier ein besonderes Symbol, zeigt er doch auch im Winter, dass die Natur eben nicht tot ist, sondern nur schläft. So ist es nicht verwunderlich, dass dieses heidnische Symbol des immergrünen Baumes während des gesamten Mittelalters verboten und noch weit bis ins 19. Jahrhundert verpönt war. Erst langsam konnte sich der Weihnachtsbaum aus dem Elsass kommend wieder, jetzt aber als Christbaum durchsetzen.
Auch das neugeborene Kind spielte in den Mythologien der Naturreligionen als Symbol der Hoffnung auf immer wieder neu entstehendes Leben eine wichtige Rolle. Den christlichen Religionen gelang es nicht, diese heidnischen Bräuche vor allem in den germanischen Ländern auszurotten. Lange Zeit überstrahlten die heidnischen Weihnachtsfeste das Christgeburtsfest. Erst nach der Trennung des Oströmischen vom Weströmischen Reich legte die römisch katholische Kirche das Christgeburtsfest auf den Termin des heidnischen Weihnachtsfestes und landete damit wahrscheinlichen ihren gelungensten Coup. In den östlichen Kirchen wird das Christgeburtsfest heute noch Anfang Januar gefeiert. Dort waren die heidnischen Wintersonnwendbräuche offenbar nicht so stark wie in Westeuropa.